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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 08.02.2006


56. Berlinale vom 9. - 19. Februar 2006
Tatjana Zilg

Britische Schauspielerin Charlotte Rampling ist Vorsitzende der Internationalen Jury. Öffentliche Fachvorträge. Sektionsübergreifender Femina-Preis für hervorragende filmische Leistungen von Frauen




NEWSBären-Verleihung live im Fernsehen auf 3sat

Die Internationale Jury der Berlinale gibt am Samstag, 18. Februar 2006, live die GewinnerInnen des Goldenen und der Silbernen Bären bekannt. Die Gala zur Preisverleihung beginnt um 19 Uhr im Berlinale Palast und wird voraussichtlich bis 20.10 Uhr abgeschlossen sein. Als Moderator führt der Schauspieler Heino Ferch durch den Abend.

Im Wettbewerb konkurrieren in diesem Jahr 19 Filme um folgende Preise:

Goldener Bär für den besten Film (an den Produzenten)
Großer Preis der Jury - Silberner Bär
Silberner Bär für die beste Regie
Silberner Bär für die beste Darstellerin
Silberner Bär für den besten Darsteller
Silberner Bär für eine herausragende künstlerische Leistung
Silberner Bär für die beste Filmmusik

Zudem vergibt die Internationale Jury - in Erinnerung an den Gründer des Festivals - den Alfred-Bauer-Preis für einen Spielfilm, der neue Perspektiven der Filmkunst eröffnet.
Im Rahmen der Zeremonie wird erstmalig auch der Preis für den Besten Erstlingsfilm verliehen.
Eine dreiköpfige Jury vergibt den mit 25.000 Euro dotierten Preis an das beste Spielfilmdebüt aus den Sektionen Wettbewerb, Panorama und Kinderfilmfest/14plus.

Die Abschlussgala der Internationalen Filmfestspiele Berlin wird live im Fernsehen übertragen.
Neben der Ãœbertragung in 3sat wird die Veranstaltung live im Internet ( www.berlinale.de) gestreamt.

"Ich freue mich, dass wir eine faszinierende Frau und großartige Künstlerin wie Charlotte Rampling als Jury-Präsidentin gewinnen konnten", sagt Berlinale-Direktor Dieter Kosslick. "Mit ihrer Arbeit steht sie für ein unkonventionelles und beeindruckendes Kino."

Unter der Präsidentschaft von Charlotte Rampling wird eine achtköpfige internationale Jury (u.a. Marleen Gorris/Regisseurin aus den Niederlanden, Lee Young-ae/Schauspielerin aus der Republik Korea) über die Vergabe der Goldenen und Silbernen Bären entscheiden. Zum ersten Mal in der 56-jährigen Geschichte der Filmfestspiele gibt die Jury die PreisträgerInnen erst während der Preisverleihung am 18. Februar bekannt.

Ein besonders bemerkenswerter Film, der im Wettbewerb gezeigt wird, ist "Sehnsucht" unter der Regie von Valeska Grisebach. Sie erzählt eine Liebes- und Dreiecksgeschichte aus der ostdeutschen Provinz. Der mit LaiendarstellerInnen besetzte Film reflektiert über Träume und Aufbrüche, die Suche nach dem Glück und die damit verbundenen Schmerzen und Hoffnungen.

Die Weltpremiere "En Soap" ist eine dänisch-schwedische Ko-Produktion.
Pernille Fischer Christensen schildert in ihrem Debütfilm das tragikomische Verhältnis zwischen der Besitzerin einer Schönheitsklinik und eines Transsexuellen.

Auch dieses Jahr wurden die Filme für alle sechs Sektionen (Wettbewerb, Panorama, Forum, Perspektive Deutsches Kino, Retrospektive und Kinderfilm) nach Themenkreisen ausgewählt. Neben Filmen über KünstlerInnen, über Musik, über den Maghreb und den Nahen Osten sowie über Fußball wurde nach Werken mit der Thematik sexuelle Diversität Ausschau gehalten. 17 Filme stellen in unterschiedlichster Weise die Suche nach sexueller Identität dar. Dabei verwundert es wie jedes Jahr, dass Filme von weiblichen Regisseurinnen in erstaunlich geringer Anzahl zu finden sind.

Der Verband der Filmarbeiterinnen möchte auf dieses Problem aufmerksam machen und vergibt seinen insgesamt zehnten, mit 3.000 Euro dotierten Femina-Film-Preis zum zweiten Mal auf der Berlinale. Er wird verliehen für "hervorragende künstlerische Leistungen einer Technikerin" in einem deutschsprachigen Spielfilm - und zwar in den Bereichen Kamera, Schnitt, Ausstattung, Kostüm oder Musik.
Damit soll die Bedeutung der mitwirkenden Frauen am künstlerischen Gesamtresultat eines Films hervorgehoben werden. Nominiert wurden 36 Filmarbeiterinnen. Darunter sind Ingrid Henn für die Ausstattung, Esther Walz für die Kostüme in "Elementarteilchen", Bettina Böhler für den Schnitt von "Sehnsucht" sowie von "Lucy", Brigitta Tauchner für den Schnitt von "Komm näher", Elke Zetl für die Kostüme, Nicola Undritz für den Schnitt, Yasmin Khalifa und Carola Gauster für das Szenenbild in "Bye Bye Berlusconi!" und Barbara Grupp für die Kostüme von "Der Rote Kakadu". Die Jury besteht aus Marie Juliane Friedrich (Szenen- und Kostümbildnerin), Ulla Kösterke (Tonmeisterin) und Sophie Rois (Schauspielerin).

Wie wichtig es ist, dem weiblichen und dem männlichen Blick ein Gleichgewicht im Filmschaffen zu geben, wird deutlich, wenn man zwei der deutschen Filme vergleicht, die beide die Suche ihrer ProtagonistInnen nach einer lebenswerten Sexualität zum Thema haben.
In "Vier Fenster" (Perspektive Deutsches Kino) von Christian Moris Müller wird der Mikrokosmos einer scheinbar normal-bürgerlichen Familie untersucht. Langsam erschließt sich den ZuschauerInnen, welche Distanz und Fremdheit hinter den zunächst vertraut erscheinenden Beziehungen stecken muss. Ein Familiengeheimnis, sexueller Missbrauch in der Vater-Tochter-Beziehung, wird angedeutet. Tochter und Mutter werden als letztlich hilflos im Umgang mit ihrer Sexualität dargestellt: Die Mutter möchte einen Handwerker verführen, die Tochter kann keine wirkliche Nähe zu ihrem Partner aufbauen. Dabei werden jedoch Klischees eher verstärkt als dass die Protagonistinnen in ihrer psychischen Komplexität für die ZuschauerInnen besser verstehbar werden.
"Komm näher" (Panorama) von Vanessa Jopp lässt teilnehmen am Alltag von drei auf den ersten Blick sehr unterschiedlichen Frauen, die stark betroffen sind von der wirtschaftlichen Misere und sich gleichzeitig auseinandersetzen müssen mit ihren widersprüchlichen Sehnsüchten nach einer Beziehung und erfüllter Sexualität. Sehr realitätsbezogen und doch in spannender, bewegender Filmsprache wird erzählt, wie die Charaktere den Erwartungen ihrer Umwelt begegnen, trotz eingeschränkter Möglichkeiten Wege zur Weiterentwicklung finden, und die Angst, etwas zu verändern, überwinden.

Im Filmpalast am Kurfürstendamm, traditionsreicher Ort der Berliner Kinokultur mit wunderschönen, riesigen Saal, findet das Berlinale Special statt. Die Reihe zeigt aktuelle Arbeiten zeitgenössischer FilmemacherInnen sowie Aufführungen zu besonderen Ehrungen von Filmpersönlichkeiten. Den Akzent setzen Filme von Neten Chokling ("Milarepa"), Luis Llosa ("La fiesta del chivo"), Fredi M. Murer ("Vitus"), und Julien Temple ("The Great Rock´,n´,Roll Swindle"). In diesem Jahr wird die Reihe durch eine besonders sehenswerte Publikumspremiere im Berlinale-Palast am Kinotag ergänzt: "La tigre e la neve" (Italien), der neue Film von Oscar-Preisträger Roberto Benigni ("Das Leben ist schön"). Benigni spielt in dieser Tragikomödie einen verliebten Dichter, der seiner Angebeteten, einer durch eine Bombe verletzten Journalistin, in den Irak folgt.

Erstmals für alle zugänglich ist der Berlinale Talent Campus, der in der vorangegangenen Jahren nur für FilmemacherInnen und andere Fachgäste zugänglich war. Neben der Entscheidung über die Preisvergabe des Berlin Today Award, für den sich die Jungtalente mit Kurzfilmen zum Thema "Berlin Today" bewerben konnten, finden im Haus der Kulturen der Welt zahlreiche öffentliche Vorträge zum Schwerpunkt "Film-Editing" statt.
GastrednerInnen sind u.a. Wim Wenders, Park Chan-wook, Christopher Doyle, Anthony Dod Mantle, Stephen Warbeck und bekannte Film-Editoren wie Jim Clark und Angie Lam. Am 16. Februar um 10.30 Uhr findet beispielsweise ein Fachgespräch zwischen dem international renommierten Autor und Filmkritiker Peter Cowie und der diesjährigen Jury-Präsidentin Charlotte Rampling statt. Der Weltstar arbeitete in einer über 30 Jahre umfassenden Karriere u.a. zusammen mit Regisseuren wie Lucchino Visconti ("La Caduta degli Dei"), Woody Allen ("Stardust Memories") und Francois Ozon ("Swimming Pool").

Infos zum Programm entnehmen Sie bitte der Website:
www.berlinale.de



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Beitrag vom 08.02.2006

AVIVA-Redaktion